Home > Tourismus und Freizeit > Geschichte > Die Retzer Windmühlen

Die Retzer Windmühlen

Das Weinviertel ist verhältnismäßig arm an genügend Wasser führenden Bächen mit ausreichendem Gefälle, die zum Betrieb von Wassermühlen geeignet gewesen wären. An der Donau ließen sich im ausgehenden 17. Jahrhundert eine Anzahl Schiffmüller nieder. Zwischen Korneuburg und der Marchmündung waren lt. Handwerksordnung aus 1673 39 Schiffmühlen angelegt.

windmuehleDas westliche Weinviertel war mit Mühlen unterversorgt. Kaiser Josef II, der bemüht war, das Land flächendeckend mit Lebensmitteln zu versorgen, regte gegen Ende des 18. Jahrhunderts den Bau von Windmühlen, aber auch Roßmühlen, an. Es kam zu einer kleinen Hochblüte für Windmühlen. Mit der Einführung der Dampfkraft haben die Windmühlen ihren Wert verloren, doch gab es zu Beginn des technischen Zeitalters im Weinviertel noch mehrere mit Windkraft betriebene Getreidemühlen. Diese Windmühlen waren meistens Bockwindmühlen. Sie waren aus Holz auf einem Holzbock so konstruiert, daß das ganze Haus in die erforderliche Windrichtung gedreht werden konnte. Schon alleine der Umstand, daß die Drehung von Hand aus erfolgte, macht klar, daß diese Mühlen klein sein mußten und nur geringe Mahlkapazitäten hatten.

Die erste Retzer Windmühle wurde 1772 von Ferdinand Zinner als Bockwindmühle auf dem Kalvarienberg errichtet und war dem Grundbuch des Bürgerspitals dienstbar.

Johann Bergmann, aus Sachsen stammend, lernte im nahe gelegenen Pulkau das Müllerhandwerk und kaufte 1833 die Retzer Bockmühle. Da er in seiner Gesellenzeit auch die "holländischen" Mühlen kennengelernt hatte, bauten er und sein Verwandter Franz Czerny aus Liliendorf (Lesná) die Bockwindmühle auf eine konische Turmmühle um. Auf der Krone des steinernen Kegelstumpfes liegt ein gußeisener Rollenkranz, über den sich die Dachhaube mit den vier Flügeln vom Boden aus mit einer händisch zu betätigenden Seilwinde in jede Windrichtung drehen läßt. Die Windmühle hat drei Mahlgänge und war bis 1924 zum Getreidemahlen im Betrieb. Sie war die letzte noch tätige Windmühle des Weinviertels.

Es zeugt von Weitsicht der Retzer Stadtväter, daß sie die Windmühle bereits 1928 unter Denkmalschutz stellen ließen. Sie ist bis heute betriebstauglich und wird als Schaumühle genützt.

Die zweite Windmühle auf dem Kalvarienberg wurde schon 1775 zylindrisch aus Stein gebaut (holländischer Typ). Sie brannte 1893 nach Blitzschlag vollständig aus und dient seither als Wohnhaus. Jener Maurer Franz Czerny, der mit Johann Bergmann die Retzer Bockmühle auf den "holländischen" Typus umbaute, stellte in seiner Heimat Liliendorf (Lesná), an der Straße Znaim" (Znojmo) - Frain (Vranov) ebenfalls eine Turmwindmühle auf, die nicht mehr als Mühle geführt wird, sondern zur Zeit des Kommunismus zu einem Restaurant umgebaut worden ist.

In Retz sind auch Wassermühlen in Gebrauch gewesen:
Die Hölzlmühle wurde 1717 von Johann Christian Ehrgott errichtet. Sie war damals der Herrschaft Trautson, später Kaya-Fladnitz, untertan. Sie brannte 1893 ab.

g30-windmuehle2.gifDie Edelmühle (heute Edermühle) wurde 1661 gebaut, allerdings wurde 1573 schon ein alter Hof samt einer "Mill" genannt. Sie war der Pfarre Altstadt Retz, somit den Augustiner Chorherren St. Pölten dienstbar. Auch die Edelmühle konnte bald nach 1890 den Dampfmühlen nicht konkurrenzfähig bleiben, stellte ihren Betrieb ein und wurde Gasthaus. Vor 1938 war sie nochmals als Mühle aktiviert, zeitweise durch einen Motor angetrieben (Konskripts-Nr. 49, Katastralgemeinde Altstadt).

Die dritte bekannte Wassermühle, auch 1661 gebaut, war die Hauerzechmühle, der Stadt Retz dienstbar. Allerdings war auch diese Mühle schon früher bekannt, da sie im Urbar X. 1628 erwähnt ist. Sie war in der Perknergasse, am Altbach gelegen. Diese Mühle war von der Familie PERKNER als Roßmühle betrieben gewesen. Die ältere Bezeichnung der Perknergasse war Roßmühlgassel (Konskripts-Nr. 30, Katastralgemeinde Altstadt). Eine "Seemühle" wurde von Konstantin Josef Graf von Gatterburg 1724 neu gebaut, deren Vorgängerin "daselbst schon Jahrhunderte lang verfallen war".

  g31-windmuehle3.gif

Literatur und Quelle:

Bodenstein/Hohenbühel "Mühlen im Weinviertel" (1985) 
Adolf Jagenteufel: "Über die Retzer Windmühlen" (Aufsatz)
Hofrat Peter Leninger: "Die Stadt Retz und ihre Windmühlen" (Aufsatz)
Rudolf Resch: "Retzer Heimatbuch", Band II, (1951) 
Josefine Löscher, persönl. Gespräch
Retz, Häuser- u. Straßenverzeichnis, 1984